Stefan Kutzenberger
Stefan Kutzenberger (* 1971 in Linz, Oberösterreich) ist ein österreichischer Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Kurator.
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kutzenberger ist der Sohn einer chinesisch-jüdischen Mutter aus Indonesien[1] und eines oberösterreichischen Vaters, was er später in seinem Roman Friedinger thematisiert hat.[2] Er wuchs in Linz auf, wo er 1990 am Europagymnasium Auhof maturierte.[3] Anschließend studierte er klassische Gitarre und Fagott am Linzer Brucknerkonservatorium sowie Sozialwirtschaft an der Universität Linz und ab 1991 an der Universität Wien Vergleichende Literaturwissenschaft und Spanisch. Nach Studienaufenthalten in Buenos Aires, Lissabon, London und Dublin ist er seit 1998 Lehrbeauftragter für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Wien.[1][4][5]
Dem Leopold Museum Wien ist Kutzenberger seit 2001 als Texter, Bibliothekar, Kunstvermittler und Kurator verbunden. Für das Robert-Musil-Institut für Literaturforschung an der Universität Klagenfurt bearbeitete er die Tagebücher Robert Musils für die digitale Gesamtausgabe. 2009 zeichnete er als Teil des Künstlerduos „Die Herren Juhann und Jod“ für zahlreiche Projekte für Linz 2009 – Kulturhauptstadt Europas verantwortlich (Linz vs. Vilnius,[6] Kunstpalast onstage,[7] Kunstpalast backstage,[8] Zwei Wege, die Welt zu retten[9]).
Zudem war er Gründungsmitglied und von 2009 bis 2015 Mitglied der ARGE Wissenschaft & Kunst der Österreichischen Forschungsgemeinschaft.[4] 2019/2020 war er Gastlektor an der Universitas Airlangga in Surabaya (Indonesien).[10]
Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kutzenberger publizierte zur Visualisierung von Literatur, zur Intermedialität Wiens um 1900 und zu den Wechselbeziehungen zwischen den europäischen und lateinamerikanischen Literaturen. 2018 erschien sein Debütroman Friedinger, ein pseudo-autofiktionaler Text, der vom Noricum-Skandal bis zu den verschollenen Fakultätsbildern Gustav Klimts führt. Die Kritik reagierte begeistert („Ein kesser, herrlich irrer Text!“[11]), trotz der leichten Lesbarkeit ist Friedinger ein hochkomplexer Text, in dem Wahrheit und Fiktion fein miteinander vorwoben sind, was auch schon in akademischen Studien untersucht wurde.[12] Seitdem erschienen zwei weitere Romane, Jokerman („ein großartiger Roman“, Frankfurter Allgemeine Zeitung[13]) und Kilometer null („ein urkomischer und irre spannender Roman, der zum Kunstvollsten und Originellsten zählt, was die deutschsprachige Literatur in dieser Saison zu bieten hat“, Deutschlandfunk Kultur[14]).
Stipendien und Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2018: Stipendium des deutschen Literaturfonds, Darmstadt[15]
- 2019: Grenzgänger Stipendium, Literarisches Kolloquium Berlin[16]
- 2018/2019: Stadtschreiber Wels[17]
- 2019/20, 2020/21: Projektstipendium für Literatur des österreichischen Bundeskanzleramts
- 2021: Gewinner Internationale Literaturdialoge[18]
- 2023: Writer in Residence in der Villa Sträuli, Winterthur[19]
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- „Grande Sertão: Veredas“ in Europa – Europa in „Grande Sertão: Veredas“. Rodopi, Amsterdam/New York 2004, ISBN 90-420-1605-1.
- mit Elisabeth Leopold: Koloman Moser. Klinkhardt & Biermann, München 2018, ISBN 978-3-943616-49-1.
- mit Maximilian Hauptmann: Das Literatur-Quiz. 123 Antworten, die Sie kennen müssen, um über Literatur mitreden zu können. Edition a, Wien 2019, ISBN 978-3-99001-335-9.
- Stadt der Engel. Ein Linzer Kinderkrimi. Gratisbuchaktion des Bürgermeisters der Stadt Linz, Linz 2021.[20]
- Let It Be Me oder Notting Hill. In: Maik Brüggemeyer (Hrsg.): Look Out Kid. Bob Dylans Lieder, unsere Geschichten. Ullstein, Berlin 2021, ISBN 978-3-550-20158-5, S. 97–115,
- Der letzte Nachmittag auf Erden. In: Rotraut Schöberl (Hrsg.): Meer Morde. Residenz, Salzburg/Wien 2023, ISBN 978-3-7017-1771-2, S. 115–124.
- Marietta. In: Edith-Ulla Gasser (Hrsg.): Die wahren Bilder sind im Kopf. Kunstgeschichten. Braumüller, Wien 2023, ISBN 978-3-99200-354-9, S. 77–88.
Romane
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Friedinger. Roman. Deuticke, Wien 2018, ISBN 978-3-552-06364-8.
- Jokerman. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-8270-1424-5.
- Kilometer null. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-8270-1441-2.
Übersetzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kirmen Uribe: Das Vorleben der Delfine. Roman. Deutsch [aus dem Spanischen] von Stefan Kutzenberger. Berlin Verlag, München/Berlin 2023, ISBN 978-3-8270-1480-1.
Ausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hitler’s Bathtub - Shifting Consciousness. Webster University, Wien. 10. Juli – 24. Juli 2012
- Kapitel 4/Zeile 13. Literatur ausstellen – darf man das? Ausstellung in der ehemaligen „facultas-Druckerei“, Wien. Juni 2012
- Wolkenband. 60 Meter langes Vitrinenband im Rahmen der Ausstellung: Wolken. Welt des Flüchtigen, Leopold Museum, Wien, März – Juli 2013
- Trotzdem Kunst! Österreich 1914-1918. (Co-Kurator mit Ivan Ristić und Elisabeth Leopold), Leopold Museum, Wien, Mai bis September 2014
- Bewegte Ruhe vor dem Sturm. Die Zeit vor 1914. (Graphische Gestaltung: Manfred Thumberger). Ausstellung für die Österreichischen Kulturforen. 2014/15
- Liebe. Literaturausstellung. Galerie Künstlich, Wien, 2015
- Tex Rubinowitz. The Nul-Pointers. (Co-Kurator mit Ivan Ristić), Leopold Museum, Wien 2015
- Ein einendes Band. 150 Jahre Wiener Ringstraße. (Graphische Gestaltung: Manfred Thumberger). Ausstellung für die Österreichischen Kulturforen 2015/16
- Radek Knapp trifft Alfred Kubin. Die Stunde der Geburt. Leopold Museum, Wien, Juli 2017 – September 2017
- Der Blick aus dem Rahmen. Schriftsteller:innen Porträts aus der Schenkung Klewan. Leopold Museum, Wien, Mai 2022 bis August 2022[21]
- Zwischen den Zeiten und Künsten. Die Familie Wittgenstein und die Villa Toscana. Im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024. Villa Toscana, Gmunden, März bis Juni 2024[22]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Stefan Kutzenberger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Profil beim Piper Verlag
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Peter Grubmüller: Linzer Student heiratet Exotin. In: OÖ Nachrichten. 13. Februar 2018, abgerufen am 18. Januar 2021.
- ↑ Josef Ertl: „Eine Aufarbeitung meiner oö. Wurzeln“. In: Kurier. 29. April 2018, abgerufen am 5. November 2024.
- ↑ Absolventen. Abgerufen am 5. November 2024.
- ↑ a b Bildungshaus Schloss Puchberg: Literaturfrühstück mit Stefan Kutzenberger. 22. August 2019, abgerufen am 3. April 2022.
- ↑ Universität Wien: Mag. Dr. Stefan Kutzenberger. Abgerufen am 18. Januar 2021.
- ↑ Duell der Kulturhaupstädte: Linz unterliegt Vilnius. In: Die Presse. 24. Februar 2009, abgerufen am 27. Januar 2021.
- ↑ Linz09: Kunstpalast onstage. (PDF) In: linz09.at. Abgerufen am 27. Januar 2021.
- ↑ Kunstpalast: Backstage im Wohnwagen: Oberösterreichische Autorinnen und Autoren zum Greifen nah. In: linz09.at. Abgerufen am 27. Januar 2021.
- ↑ Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas - 52 Wege die Welt zu retten. In: linz09.at. Abgerufen am 27. Januar 2021.
- ↑ Airlangga Global Engagement UNAIR: On Wednesday (26/02), Universitas Airlangga (UNAIR) welcomed Dr. Stefan Kutzenberger of University of Vienna. In: Mitteilung der Universität auf Twitter. Abgerufen am 3. April 2022 (englisch).
- ↑ Björn Hayer: Tod des Autors: Abgedankt und auferstanden? In: Die Zeit. 23. Februar 2018, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 13. Januar 2024]).
- ↑ Paul Ulrich Larndorfer: "Ich mag es nicht, wenn Privates an die Öffentlichkeit gelangt." : Autofiktion in Stefan Kutzenbergers "Friedinger". Masterarbeit: Universität Wien, 2023: https://usearch.univie.ac.at/primo-explore/fulldisplay?docid=UWI_alma51569537070003332&context=L&vid=UWI&lang=de_DE&search_scope=UWI_UBBestand&adaptor=Local%20Search%20Engine&isFrbr=true&tab=default_tab&query=any,contains,Kutzenberger%20friedinger&sortby=date&facet=frbrgroupid,include,1110759144&offset=0. Abgerufen am 5. November 2024.
- ↑ Edo Reents: Was ist Wahrheit? Stefan Kutzenberger lässt Trump und Dylan aufeinander los. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Oktober 2020, abgerufen am 13. Januar 2024.
- ↑ deutschlandfunkkultur.de: Stefan Kutzenberger: „Kilometer Null“ - Fantastischer Krieg der Literaturen. Abgerufen am 13. Januar 2024.
- ↑ Deutscher Literaturfonds: Ergebnisse der Kuratoriumssitzung vom 14. und 15. Mai 2018. Abgerufen am 3. April 2022.
- ↑ Robert Bosch Stiftung, Crossing Borders Program: Stefan Kutzenberger. Abgerufen am 28. September 2022.
- ↑ Stadt Wels: Wels hat wieder Stadtschreiber. In: wels.gv.at. 13. November 2018, abgerufen am 18. Januar 2021.
- ↑ Österreichische Gesellschaft für Literatur: Gewinner*innen der ›Internationalen Literaturdialoge 2021‹. Abgerufen am 24. Januar 2023.
- ↑ Kulturhaus Villa Sträuli: Stefan Kutzenberger. Abgerufen am 14. Oktober 2023.
- ↑ Stadt der Engel. Ein Linzer Kinderkrimi. Abgerufen am 27. September 2021.
- ↑ Leopold Museum: "Der Blick aus dem Rahmen": Neue Ausstellung im Leopold Museum zeigt Porträts aus der Schenkung "Sammlung Klewan". In: ots.at. Abgerufen am 24. Januar 2023.
- ↑ Zwischen den Zeiten und Künsten. In: Salzkammergut 2024. Abgerufen am 9. Oktober 2024.
Personendaten | |
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NAME | Kutzenberger, Stefan |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Kurator |
GEBURTSDATUM | 1971 |
GEBURTSORT | Linz, Oberösterreich |